Das erstaunliche Leben des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings

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Die ersten warmen Tage im Jahr sind der Startschuss für eine variantenreiche Insekten-Welt in Europa. Bis in den Herbst hinein können wir farbenprächtige Schmetterlinge beobachten. Aber auch unscheinbare Käfer, wie zum Beispiel Rüsselkäfer, die scheinbar mit ihren Untergründen zu verschmelzen scheinen.

Ameisen, von den großen Wald-Ameisen, bis zu den kleinen Knotenameisen durchstreifen ihre Gebiete auf der Suche nach Nahrung und treffen dabei immer wieder auf andere Insekten.
Jahrmillionen leben sie bereits auf dieser Erde. Es wäre wohl falsch anzunehmen, dass sich in dieser langen Zeit keine Interaktionen zwischen den Arten ergeben hätte. 

So zum Beispiel zwischen der Rotgelben Knotenameise und dem Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Er sieht vielleicht nicht so spektakulär aus, wie seine Verwandten, einzigartig gefärbte Artgenossen, aber er lebt ein Leben, das aufregender nicht sein kann. Im wahrsten sinne des Wortes. 

Also, lass uns den Bläuling für eine Saison begleiten.

Dunkler Wiesenknopf Ameisenbläuling sitzt auf der Blüte des Wiesenknopfes

Der Familienname „Bläuling“ ist nicht sehr weit hergeholt, denn viele Männchen der Europäischen Arten fallen deutlich durch ihre intensiven, blauen Flügeloberseiten auf. Die Weibchen sind dagegen eher schlicht gefärbt.
Doch man erhält ohnehin nur selten die Sicht auf die Obeseite der Flügel des Dunkeln Wiesenknopf-Ameisenbläulings. Denn in der Ruhposition werden sie sofort zusammen geklappt und geben nur noch den Blick auf die Muster der Unterseite Preis. 

Was man nur selten sieht: Seine Flügel schillern in einem mehr oder weniger straken Blau, mit einigen schwarzen Punkten, die die blaue Farbe unterbrechen. Umrandet werden die Flügel von einer schmalen, hellen Kontur.
Die Weibchen hingegen sind einfarbig dunkelbraun gefärbt, was ihnen aber zu einer guten Tarnung verhilft. 

Bei beiden Geschlechtern ist die Unterseite der Flügel recht ähnlich. Auf der graubraunen Grundfärbung befinden sich, in Bögen angeordnete schwarze Punkte, die hell umrandet sind. 

Die Farben der Schmetterlinge werden durch winzig kleine Schuppen hervor gerufen, die sich auf den Flügeln befinden. An ihnen bricht sich das Licht und nur der blaue Anteil wird an ihrer Oberfläche reflektiert. Dabei sind die Schuppen nicht nur schön, sondern sind auch wichtig für die Flugeigenschaften! 

Unterseite Hauhechel-Bläuling weibchen

Doch bunt sind viele Schmetterlinge. Es ist die Lebensart, die den Dunklen Wiesenknopf- Ameisenbläuling so einzigartig macht.
Denn die Larven leben eine Zeit lang zusammen mit einer bestimmten Ameisenart in deren Nest. Hauptsächlich mit der Rotengelben Knotenameise Myrmica rubra. 

Richtig. Eigentlich sind Ameisen die natürlichen Feinde jeder Schmetterlingsraupe. Durch einen Trick, ist das in diesem Fall anders. In der ersten Phase ihres Lebens ernähren sich die Larven allerdings ausschließlich von den Blüten einer einzigen Pflanze: dem Großen Wiesenknopf – Der Pflanze des Jahres 2021. 

Somit ist der Schmetterling an ein feuchtes Biotop gebunden, denn hier wächst der Große Wiesenknopf. Eine eher unscheinbare Pflanze, die vor allem durch ihre keulenartigen Blütenstände, die auf den hohen Stängeln über dem Wiesengras thronen, auffällt. Für die Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulinge nicht nur Nektar-spender. Hier treffen von Juli bis August die Männchen und Weibchen zusammen, um sich zu paaren und ihre Eier abzulegen. Viel Zeit zur Partnersuche ist nicht, denn die Falter werden nur ein paar Tage alt. 

Das Weibchen legt dann die Eier einzeln an noch geschlossenen Blüten des Blütenstandes ab. Die Blüte ist zugleich die Kinderstube für die Larven in ihren ersten drei Entwicklungsstadien. Sie fressen von innen her die Knospen und spinnen sie mit Seide aus. So bleibt der ausgehöhlte Blütenstand geschlossen.

Die typischen Bläulings-Larven sehen ungewöhnlich für Schmetterlingslarven aus. Sie sind relativ kurz, breit und abgeplattet. Die wenige Millimeter großen, gelblich weißen Raupen durchlaufen im Verlauf eines Monats drei Häutungen. Sie sind in dieser Zeit vollkommen auf ihre Blüte angewiesen. Geht diese durch mähen, niedertreten oder abbeißen verloren, bedeutet das den sicheren Tod für die Larven.

Rote Knotenameise pflegt Blattläuse

Allmählich neigt sich der Sommer seinem Ende entgegen. Die Sonne steht nun nicht mehr ganz so hoch am Himmel und die Nächte werden bereits deutlich kühler. Am Morgen setzen sich dicke Tautropen auf den Gräsern ab und Nebel bewegt sich still über die Wiese. 

In dieser Zeit beginnt die aufregendste Phase der Larven. Die vierte Phase .
Die Larve des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings ist nun etwa 3 mm groß und durch das rötliche Futter, hat sie ebenfalls eine rötliche Farbe angenommen. Doch auch die Form hat sich verändert. Die Cuticula, also die Haut ist nun deutlich dicker und mit Beißwülsten ausgestattet. Eine wichtige Vorbereitung auf das, was gleich kommt. 

Denn die Raupe verlässt ihre ausgehöhlte Blüte und lässt sich zu Boden fallen.
Sie gräbt sich allerdings nicht ein. Sie wartet auf die passende Ameise. Nämlich auf die Rotgelbe Knotenameise. Eine sehr anpassungsfähige Ameisenart, die relativ flexibel in ihrer Ernährung ist. Sie erbeuten Insekten oder pflegen Blattläuse, um an deren Honigtau zu gelangen.

Wiese mit Großen Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis)

Auf ihren Streifzügen durch die Wiese, treffen sie also auf die Larve des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings. Jede andere Raupe wäre ein gefundenes Fressen für Ameisen. 

Nach einem intensiven prüfen der Larve wird sie gepackt und in die unterirdischen Brutkammern des Ameisennestes gebracht.
Dort dient sie nicht als Futter, sondern wird als adoptierte Larve behandelt.

Die Ursache dafür ist, dass die Raupe über ihre Duftdrüsen eine art Nestgeruch verströmt und ein ein zuckerhaltiges Sekret abgibt, dass für die Ameise äußerst interessant ist. 

Einmal im Ameisennest angekommen, wir die Raupe von den Ameisen wie die eigene Brut gepflegt und geschützt, obwohl sie sich bis zur Verpuffung räuberisch von den Eiern und Larven der Ameisen ernährt. Jede Raupe kann bis zu 600 Ameisenlarven fressen. 

Mit dem ersten Frost geht die Raupe, zusammen mit der Wirts-Ameise in die Winterruhe über. Nach 330 Tagen als Larve und weitere 25 Tage als Puppe, schlüpft der Bläuling schließlich ende Juni.

Jetzt muss er sich allerdings beeilen, denn seine Tarnung ist aufgeflogen und er wird als Beute erkannt.
Vor dem Ameisennest angekommen, erhebt sich dieser kleine Tagfalter in die Luft, auf der Suche nach dem Großen Wiesenknopf.

Dunkler Wiesenknopf Ameisenbläuling sitzt auf der Blüte des Wiesenknopfes

So faszinierend sich das Leben als Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling auch anhört, es ist aufgrund seiner Spezialisierung extrem gefährdet.
Die Liste der Ursachen ist lang und reicht von Entwässerung von Feuchtwiesen, über Mehrfachschnitt zum falschen Zeitpunkt, bis hin zu Bodenverdichtung durch zu schwere Technik bei der Maht.

Was kann man tun?

Alle derzeitigen Vorkommen müssen geschützt und gesichert werden. Das bedeutet auch, dass die Flächen, auf denen die „Roten Knotenameisen“ und der “Großen Wiesenkopf“ existieren einen besonderen Schutz genießen müssen. Außerdem muss die Maht zweimal im Jahr mit leichtem Gerät erfolgen, um Gräser als Konkurrenz für den Wiesenknopf zu reduzieren. Wasserbüffel haben sich dazu unter anderem sehr gut bewährt und lassen sich, wie die technische Maht einsetzen. Die Maht muss mit dem Lebenszyklus des „Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings“ überein stimmt. Denn wird eine Wiese mit reichlich vorhandenen „Großen Wiesenkopf“ und genügend vielen „Roten Knotenameisen“ zu einem zu zeitigen Zeitpunkt beweidet oder gemäht, so werden sämtliche auf dem Wiesenknopf befindlichen Eier und Larven vernichtet, mit der Konsequenz, dass eine Generation des Falters dort verloren ist. 

So ist auch in der Zukunft ein weiterer Bestand dieser einmaligen und wundervollen Schmetterlingsart zu sichern.
Der Erhalt des „Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings“ kann durchaus als Symbol für den gesamten arterhaltenden Umgang mit einer, mehr und mehr vom Menschen geprägten und zugleich bedrohten Natur, gesehen werden.

Wir bedanken uns beim Landesumweltamt Brandenburg, der Naturwacht Brandenburg, Frau Ina Tschiche und Herrn Dr. Kretschmer für die Unterstützung bei diesem Projekt. 

Das Video zum Dunklen Wiesenknopf Ameisenbläuling folgt in der nächsten Zeit!

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