Feuerwanzen: Farbenprächtig und erstaunlich

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Wusstest du, dass Feuerwanzen unglaublich faszinierend sind?

Jeder kennt sie. Die rot-schwarzen Wanzen, die in mehr oder mal weniger großen Gruppen am Boden leben.
Eine Art, die es noch relativ häufig gibt und leider wenig Beachtung findet. Eher wird sie als lästig empfunden oder als Schädling. Doch beides ist sie ganz und gar nicht. 
Unsere heimische Feuerwanze ist in den Jahrzehnten der Forschung ein beliebtes Tier der Untersuchung geworden und so sind zahlreiche, spannende Erkenntnisse über diese Art bekannt geworden.
Aber fangen wir ganz von vorne an:

Inhalt

Feuerwanzen im Frühling

Der Frühling

Der Frühling hält Einzug. 
Auf Wiesen, in Wäldern und auch in unseren Gärten kehrt das Leben zurück, dass sich vor dem Schutz des Winters größtenteils zurück gezogen hat. 
Frühblüher blühen bereits und locken die ersten Honigbienen zu sich.
Zitronenfalter wärmen sich am Boden und auch Ameisen sind schon fleißig unterwegs.

Während einige verborgen vor unseren Blicken in den Spalten und Winkeln unserer Gärten leben, sind andere Wiederrum sehr offensichtlich. Doch nichts ist so auffällig wie die Feuerwanze.
Denn sie sind kaum zu übersehen. Ihre leuchtend rote schwarze Färbung und auch ihre Geselligkeit lenken den Blick auf sie und so kann man sie schnell beim sonnenbaden an Zäunen, Bäumen und Steinen entdecken.

häutige, hinteren Membran der Vorderflügel

Wanze oder Käfer?

Häufig werden Feuerwanzen auch als Feuerkäfer bezeichnet. Bis auf ihre rote Färbung, haben jedoch beide Insekten nicht viel gemeinsam. Denn Wanzen haben Merkmale, die sie eindeutig von Käfern unterscheiden und umgekehrt.

Eins der auffälligsten Merkmale der adulten Tiere sind die Mundwerkzeuge. Wanzen besitzen immer einen stechend-saugenden Rüssel, mit dem sie ihre Nahrung nur in flüssiger Form aufnehmen.
Käfer besitzen dagegen beißend-kauende Mundwerkzeuge. Mit diesen Mundwerkzeugen können sie zum Teil kräftig zubeißen, aber auch flüssige Nahrung aufnehmen.
Ein weiteres Merkmal sind die Flügel.
 Käfer haben immer feste Flügeldecken, die sogenannten Elytren, die die zarthäutigen Hinterflügel in der Ruhestellung schützen.
Die Vorderflügel der Wanzen sind dagegen nur teilweise verhärtet. Sie bestehen aus einem harten vorderen Bereich und meist aus einer häutigen hinteren Membran, die man bei genauem hinsehen gut erkennen kann. Wanzen haben zudem ein wesentlich auffälligeres Scutellum. Eine Art Dreieck, das sich zwischen den Flügel bildet.

Bei Feuerwanzen setzt sich dieses Dreieck optisch auf den Flügeldecken fort. 
Obwohl man unten diesen Flügel erwarten würde, findet man dies bei den meisten Individuen nicht mehr. Nur noch wenige besitzen voll entwickelte Flügel, die jedoch nicht mehr zum fliegen genutzt werden.

Feuerwanze bei der Nahrungsaufnahme

Nahrungsaufnahme

Die Gemeine Feuerwanze Pyrrhocoris apterus ist nicht die Einzige. Denn Weltweit gibt es ca. 300 verschiedene Feuerwanzenarten. Davon kommen die meisten in den Tropen vor.
In Europa finden wir neben der Gemeinen Feuerwanze, auch die eher unscheinbare Mönchswanze Pyrrhocoris marginatus.

Die Gemeine Feuerwanze kann man häufig in Gruppen an der Basis von Bäumen entdecken. Besonders auf der Sonnenseite der Stämme. Dort ernähren sie sich von den zu Boden gefallenen Samen. Sie haben eine Vorliebe für die Samen der Malvengewächse, wie beispielsweise die der Sommerlinde, doch auch die der Gewöhnlichen Robinie. Hin und wieder stehen aber auch bereits tote Insekten auf ihrer Speisekarte.

Zur Nahrungsaufnahme bohrt die Wanze ein Loch durch die Schale der Samen, in die sie schlussendlich ein Sekret injiziert, dass das innere zersetzt. So kann sie die nährstoffhaltige Flüssigkeit aufnehmen.
Da jedoch Pflanzensamen allein kaum ausreichend Vitamin B enthalten, greifen die Tiere auf einen Trick zurück, um ihren Vitaminbedarf zu decken. Sie leben in Symbiose mit Bakterien.

Wissenschaftler der Max-Planck-Forschungsgruppe Insektensymbiose am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena haben zusammen mit Kollegen der Friedrich-Schiller-Universität herausgefunden, dass Mikroorganismen in der Darmschleimhaut der Feuerwanzen diese fehlenden Vitamine produzieren. 
Doch ganz so friedlich scheint die Symbiose nicht zu sein. Man nimmt nämlich an, dass die Wanzen die Vitamine aktiv abruft, indem sie mit speziellen Enzymen die Bakterien aufspalten.

Pflanzensamen sind zudem ziemlich trocken. 
Woher nehmen Feuerwanzen also ihre Feuchtigkeit?
Um zu überleben, müssen auch Feuerwanzen ab und an trinken oder feuchte Pflanzensäfte aufnehmen. Jedoch haben sie in ihrem Larvenstadium die Möglichkeit, einen gelegentlichen Wassermangel durch die Produktion von eigenem Wasser zu kompensieren. Dazu Verbrennen sie neutrales Pflanzenöl und es entsteht CO2 und Wasser. Diesen Prozess kann man sogar auf einer Wärmebildkamera erkennen, denn die wasserproduzierenden Larven sind wärmer als andere.

Die wasserproduzierende Larven sind deutlich wärmer als andere.

Schutz und Geselligkeit

Feuerwanzen kann man häufig in größeren Ansammlungen, sogenannten Aggregationen, beobachten. Sie leben aber nicht in solch komplexen sozialen Strukturen, wie Honigbienen oder Ameisen.
Ihre Geselligkeit wird bei ihnen durch ein Pheromon hervorgerufen, das sie durch Stinkdrüsen, die dicht am Ansatz der Hüfte sitzen, abgeben.
Dieses chemische Signal wirkt wie ein sozialer Klebstoff, der die Individuen zusammenbringt, ohne dass sie eine strukturierte Gesellschaft mit festgelegten Rollen oder Hierarchien bilden.

Doch die Stinkdrüsen haben noch eine weitere Aufgabe. Sie wehren Räuber ab. 
Bei Angriffen geben sie ein stinkendes Sekret ab. So schützen sie sich zum Beispiel vor der Dunklen Sichelspringspinne. Interessanterweise scheinen andere Insekten nach mehrmaligen Begegnungen zu lernen, Feuerwanzen gänzlich als Beute meiden.

Doch auch ihr Aggregationsverhalten ist eine Schutzstrategie. Denn eine größere Ansammlung der rot-schwarzen Wanzen löst eine angeborene Vorsicht bei bspw. Maisen aus, was ebenfalls zu einer Vermeidung der Wanzen als Beute führen kann.
All diese Strategien führen dazu, dass Feuerwanzen für andere Tiere so gut wie gar nicht als Nahrung in frage kommen. 

Feuerwanze ist nicht gleich Feuerwanze. Denn jedes Individuum hat ein unterschiedliches Maß an Neugier und Geselligkeit. Das Verhalten jeder einzelnen Feuerwanze prägt so die Verbindungen, die sie innerhalb der Gruppe eingeht, und beeinflusst damit indirekt das Verhalten der gesamten Gruppe.

Hier sitzen die Stinkdrüsen.

Vermehrung und Entwicklung

Da wir gerade bei Verbindungen sind: Ab und an kann man zwei zusammenhängende Feuerwanzen beobachten.
Diese scheinen am Hinterleib zusammengewachsen zu sein und bewegen sich gemeinsam fort. Wobei eine von beiden Rückwärts läuft.
Das gehört zum Paarungsakt der Feuerwanzen. Denn nach der eigentlichen Paarung, bleiben beide weiterhin mit ihrem Hinterleib verbunden. Die größere Feuerwanze ist das Weibchen und läuft meist vorwärts. Man kann dieser Verbindung Stunden zusehen, ohne die Lösung zu beobachten. Denn die Paarung der Feuerwanzen kann bis zu 30 Stunden, manchmal sogar länger, andauern.
In dieser Zeit sind sie natürlich leichte Beute. Wieso die Paarung dennoch so eine lange Zeit andauert, ist nicht ganz geklärt. Offensichtlich hat sie jedoch Vorteile. Eine Vermutung könnte sein, dass so das Männchen eine größere Chance hat, seine Gene weiterzugeben. Denn solange es mit dem Weibchen verbunden ist, haben Konkurrenten keine Chance. 


Nach der Paarung legt das Weibchen 50 bis 60 Eier in der Bodenstreu ab.
Je nach Temperatur schlüpfen nach wenigen Tagen bereits die ersten Larven. 

Wanzen gehören, wie auch Heuschrecken, zu den hemimetabolen Insekten. Das heißt, sie durchlaufen keine vollkommene Metamorphose, wie sie beispielsweise Schmetterlinge erleben.
Stattdessen sehen die Larven mit jeder Häutung den adulten Tieren immer ähnlicher und sind nach der fünften Häutung schließlich ausgewachsen.

Die Larven sehen nach der Häutung den adulten Tieren immer ähnlicher.

Herbst und Winter

Werden die Temperaturen im Herbst allmählich kühler, wird es Zeit für die Diapause.
Die Diapause ist eine Phase bei Insekten, in der ihre Entwicklung und auch der Stoffwechsel größtenteils ruhen.
Zur Vorbereitung steigt bei Feuerwanzen die Kältetolleranz durch das einlagern verschiedener Zuckeralkohole im Körper. Sie können somit in dieser Phase -15°C für rund 1 – 2 Wochen mit einer 50%igen Wahrscheinlichkeit überleben.
Damit sie eine höher Überlebenschance haben, suchen die Tiere zudem, geschützte Bereiche in der Bodenstreu, um extremer Kälte zu entgehen.

Sobald die ersten, wärmenden Sonnenstrahlen im Frühjahr den Boden aufwärmen, kommen die ersten Feuerwanzen zum Vorschein und man kann sie an sonnigen Stellen beobachten.

Quellen & Weiterführende Links

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