Pestizide in Naturschutzgebieten, wie kann das sein?

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In Deutschland gibt es derzeit mehr als 8.800 Naturschutzgebiete. Eine Zahl, die nach viel klingt, tatsächlich entspricht dies aber nur etwa 6% der Landesfläche. Naturschutzgebiete gelten als Inseln der Artenvielfalt, die besondere Lebensräume (Biotope) erhalten und wiederherstellen.

„Diese Schutzgebiete sind Refugien für gefährdete Insektenarten und in einigen Fällen durchaus die letzten Lebensräume, wo sie noch vorkommen.“

THOMAS HÖRREN

Bei einem Großteil der Naturschutzgebiete Deutschlands handelt es sich um sehr kleine Areale, die meist von Äckern umgeben sind. Wie sehr die Bewirtschaftung dieser Flächen die angrenzenden Naturschutzgebiete beeinflusst, wurde im Rahmen des DINA-Forschungsprojektes untersucht.

DINA lautet die Abkürzung für `Diversität in Naturschutzarealen`. 2019 starte das Projekt zur Erfassung der Insektenvielfalt in den Naturschutzgebieten Deutschlands unter der Leitung des NABU.
Insgesamt waren neun Institutionen daran beteiligt, darunter das Institut für Umweltwissenschaften Landau und der Entomologische Verein Krefeld.

Den Rückgang der Insektenpopulationen bestätigte bereits die Krefeld-Studie aus dem Jahr 2017. Demzufolge sind mehr als zwei Drittel der Insektenbiomasse in Deutschlands Naturschutzgebieten während der letzten drei Jahrzehnte bereits verschwunden.

Malais-Falle

Doch wie sehr beeinflusst der Pestizideinsatz auf den umliegenden Ackerflächen die Insektenvielfalt in Naturschutzgebieten?

Die DINA-Studie hat ergeben, dass Insekten in Naturschutzgebieten mit durchschnittlich 16 verschiedenen Pestiziden belastet sind. Die Insekten wurden auf 92 verschiedene Substanzen untersucht, 47 davon konnten nachgewiesen werden. Keines der untersuchten Naturschutzgebiete war pestizidfrei!

Genaueres zur Datenerhebung

Insgesamt wurden Insekten aus 21 verschiedenen Naturschutzgebieten Deutschlands auf Pestizide untersucht.
Aus den unzähligen Naturschutzarealen wurden jene ausgewählt, welche die verschiedensten Landschaften Deutschlands widerspiegeln. So wurden Gebiete der Mittelgebirgsregionen, Küstengebiete usw. unter die Lupe genommen, um ein repräsentatives Ergebnis zu erhalten. Alle Untersuchungsgebiete gehören ebenfalls zum Natura2000-Netzwerk und grenzen an konventionell bewirtschaftete Flächen.

Die 21 Standorte der DINA Studie

Die Insekten wurden mithilfe von Malaise-Fallen gefangen. Dabei handelt es sich um zeltartige, nach Süden ausgerichtete Konstruktionen. Die Malaise-Fallen wurden in Fünfergruppen im Übergangsbereich vom Naturschutzgebiet zur Landnutzung aufgestellt. Über einen Zeitraum von zwei Wochen im Mai wurden hier Insekten in Ethanol gefangen.
Darin lösten sich die an den Insekten haftenden Pestizide, die nun weiter untersucht werden konnten.
Auch Vegetationsanalysen und weitere Forschungsmethoden wurden im Rahmen des Projektes durchgeführt.

Ziel der Untersuchungen war es nicht, die Konzentrationen der Pestizide zu erfassen, sondern vielmehr die Frage zu klären, welche Substanzen vorkommen und wie häufig.
Fakt ist, dass Insektizide zum Tod eines Insekts führen, aber lediglich die Insekten durch Malaise-Fallen erfasst wurden, die trotz Pestizidbelastung noch flugfähig waren.
Dies lässt erahnen, dass von einer weitaus höheren Pestizidbelastung auszugehen ist.

Und nun?

Die Insekten wurden mithilfe von Malaise-Fallen gefangen. Dabei handelt es sich um zeltartige, nach Süden ausgerichtete Konstruktionen. Die Malaise-Fallen wurden in Fünfergruppen im Übergangsbereich vom Naturschutzgebiet zur Landnutzung aufgestellt. Über einen Zeitraum von zwei Wochen im Mai wurden hier Insekten in Ethanol gefangen.
Darin lösten sich die an den Insekten haftenden Pestizide, die nun weiter untersucht werden konnten.
Auch Vegetationsanalysen und weitere Forschungsmethoden wurden im Rahmen des Projektes durchgeführt.

Ziel der Untersuchungen war es nicht, die Konzentrationen der Pestizide zu erfassen, sondern vielmehr die Frage zu klären, welche Substanzen vorkommen und wie häufig.
Fakt ist, dass Insektizide zum Tod eines Insekts führen, aber lediglich die Insekten durch Malaise-Fallen erfasst wurden, die trotz Pestizidbelastung noch flugfähig waren.
Dies lässt erahnen, dass von einer weitaus höheren Pestizidbelastung auszugehen ist.

„Wenn sich an der Situation innerhalb der nächsten Jahrzehnte nichts ändert, können die aktuell vom Aussterben bedrohten Arten in Deutschland durchaus vollständig verschwinden.“

THOMAS HÖRREN

Die Verfasser*innen der DINA-Studie empfehlen eine Pufferzone um Naturschutzgebiete im Radius von zwei Kilometern.
Diese Schutzzonen sind entscheidend für die Reduktion der Pestizidbelastung in Naturschutzgebieten und somit auch für den Erhalt der Insektenvielfalt vor Ort.
Die Pufferzonen dürfen zwar nach wie vor landwirtschaftlich genutzt werden, sollten aber ökologisch, also pestizidfrei, bewirtschaftet werden. 

Wenn wir es schaffen, diese Pufferzonen auch in der Praxis umzusetzen, so würde der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen in Deutschland auf 30% der Gesamtanbaufläche steigen.
Das klingt nach einer großen Herausforderung, wenn man bedenkt, dass derzeit auf nur knapp 10% der landwirtschaftlichen Fläche Deutschlands Ökolandbau betrieben wird.
Doch laut Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung werden diese 30% sogar angestrebt!

Was in der Theorie nach der idealen Lösung klingt, wirft dennoch viele Fragen auf: Wie steht es mit der Wirtschaftlichkeit?
Sind wir in der Lage ähnlich hohe Erträge durch den Ökolandbau zu erzielen oder werden wir abhängiger von Lebensmittelimporten aus dem Ausland? Welche Kompromisse können und möchten wir eingehen? 

Eines ist sicher, für den Erhalt der Artenvielfalt ist eine pestizidfreie Landwirtschaft unumgänglich.

Natalie Studenik
Natalie Studenik

Mein Herz schlägt für die Natur, die Landwirtschaft und das Handwerk. Als Schreiberling bei
Insecticon würde ich gern mein Wissen mit euch teilen, denn durch mein Naturschutz-
Studium in Eberswalde ist doch allerhand zusammengekommen. Jenseits von Fakten und
Wissenschaft inspiriert mich die Natur immer wieder mit all ihren Farben, Formen und Details
und es ist mir ein großes Anliegen auch den Blick meiner Mitmenschen dafür zu schärfen.

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1 Kommentar

  1. Hallo, ein sehr schöner Artikel!
    Vielen Dank dafür.


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